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#008 Heiter bis wolkig

Wer hat nicht schon einmal an einem schönen Sommertag beim Picknick auf der Wiese oder am Strand in den Himmel geschaut und sich in der Vielfalt der Formen verloren. Wolken dominieren unsere visuelle Wahrnehmung des Wetters und wenig überraschend stehen sie schon lange Zeit im Fokus der wissenschaftlichen Erforschung der Atmosphäre.  So nennt schon Aristoteles in seiner Beschreibung der verschiedene Sphären Wolken als ein definierendes Element der „Luft“: 

In diesem Bereich [der Luft] aber, der gleichfalls von veränderlicher Wesensart ist und sich vielfach wandelt, ballen sich Wolken, stürzt Regen herab, entstehen Schnee, Reif, Hagel, das Wehen der Winde und Stürme, dazu Donner, Blitze, niederfahrende Wetterstrahlen und riesige, dunkle Wolken, die zusammenschlagen.“

Auch heute kommt kaum ein Wetterbericht ohne die Erwähnung der erwarteten Bewölkung aus. Die Erscheinungsform von „Wolken“ ist dabei wesentlich vielfältiger als das klassische Symbol, dass wir alle schon im Kindergarten zu zeichnen lernen: Von dünnen Schleierwolken, über Schäfchenwolken und Quellwolken bis zu Gewitterwolken und den dicken Wolken bei Landregen ist alles dabei. Nicht selten findet man dabei nicht nur einen Wolkentyp am Himmel sondern alle möglichen Formen. So faszinierend die Vielfalt und Wandelbarkeit von Wolken ist, so groß sind doch die Herausforderungen, die dies an eine wissenschaftliche Beschreibung stellt. Nicht von ungefähr hat es bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts gedauert bis eine wissenschaftliche Klassifikation vorgenommen wurde. Eine Systematik zur Beschreibung der Formenvielfalt von Pflanzen und Tieren war zu diesem Zeitpunkt schon 50 Jahre alt.

Der britische Pharmazeut und Meteorologe Luke Howard stellte in einem Vortrag, den er 1802 vor der Askesian Society in London hielt und im folgenden Jahr unter dem Titel „On the modification of clouds“ publizierte, eine Beschreibung basierende auf 3 Grundtypen vor: Cirrus, Cumulus und Stratus. Als Cirrus bezeichnete er Wolken, die phänologisch aus parallelen, gekrümmten oder auseinanderlaufenden faserartigen Strukturen bestehen. Cumulus sind dagegen Wolken, die sich in einer Haufenform von einer horizontalen Basis erheben. Dehnen sich Wolken dagegen durchgehend über eine relative große Distanz aus, werden sie als Stratus bezeichnet. Zusätzlich schlug Howard noch die Kategorie „Nimbus“ vor für Wolken, die während der Beobachtung regnen. Zwischen- oder Mischformen benannte er dabei aus einer Zusammensetzung der Namen. Bei der Wahl der Namen griff Howard auf das Lateinische zurück, da die Begriffe so auch international ohne Übersetzung verständlich und anwendbar waren — ganz ähnlich wie auch Linné bei der Wahl der taxonomischen Bezeichnungen für Flora und Fauna auf das Lateinische zurückgreifen. Die von Howard eingeführten Begriffe werden im Grundsatz noch heute verwendet.

Photos von Wolken der Typen Cirus, Cumulus und Stratus (c) Annette Miltenberger

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde die von Howard vorgeschlagene Klassifikation ausgedehnt und weitere, vor allem Mischformen hinzugefügt – Erweiterungen, die in gewisser Weise den Fortschritt in der Beobachtung und Erforschung von Wolken und Wetter dokumentieren. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden Wolkentypen zusätzlich nach ihrer Höhe über dem Boden klassifiziert. Dies geht auf einen Vorschlag des französischen Meteorologen Emilien Renou zurück. Die so erweiterte Klassifikation wurde 1896 offiziell von der sich vermehrt international organisierenden meteorologischen Forschergemeinschaft übernommen und in einem ersten „Internationalen Wolkenatlas“ publiziert. Damit waren alle Grundelemente der noch heute gültigen Klassifikation vorhanden, auch wenn in den folgenden Jahrzehnten noch weitere Modifikationen erfolgen sollten.

Die aktuelle Wolkenklassifikation der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) unterscheidet hohe, mittelhohe und niedrige Wolken je nach der Höhe der Wolkenunterkante über dem Erdboden. Eine zusätzliche Kategorie stellen die Wolken dar, die eine große vertikale Ausdehnung haben. Diese vier sogenannten Familien werden von Wolken aus zehn Gattungen bevölkert. Die von Howard etablierten Wolkenformen finden sich in diesen Gattungen wieder. Daneben werden Mischformen von Cirrus, Stratus und Cumulus je nach Höhe der Wolkenbasis in Stratocumulus (Wolkenbasis: ~ 0-2 km), Altostratus und Altocumulus (Wolkenbasis ~ 2-7 km) sowie Cirrostratus und Cirrocumulus (Wolkenbasis ~ 5-13 km) unterschieden. Die Kategorie der Niederschlag produzierenden Wolken, die Howard als Nimbus bezeichnete, wird heute in Nimbostratus, typisch für als ‚Landregen‘ bekannte Situationen, und Cumulonimbus, den Gewitterwolken, unterteilt. Zusätzlich gibt es noch 14 Unterarten, Kombination aus Unterarten sowie weitere Spezialformen wie z. B. nachtleuchtende Wolken oder Kondensstreifen. Zur raschen Notation der beobachteten Wolkentypen in Wetterkarten oder Flugwetterberichten wurden zusätzlich international gültige Symbole für die 27 verschiedenen Wolkentypen definiert (s. Abbildung unten): So bezeichnet zum Beispiel das Symbol Nimbostratuswolken und das Symbol Cumulonimbuswolken. Eine detaillierte Beschreibung der verschieden Wolkentypen mit entsprechender Bebilderung findet sich im Internationalen Wolkenatlas (https://cloudatlas.wmo.int/en/home.html).

Schematische Darstellung der häufigsten Wolkentypen (von oben links nach unten rechts: Cirrostratus, Cirrus, Cirrocumulus, Altostratus, Altocumulus, Stratus, Stratocumulus, Cumulus, Cumulonimbus und Nimbostratus). (c) Annette Miltenberger

Die Klassifikation von Wolkentypen ist essentiell für die Wetterbeobachtung sowie die Einschätzung der kurzfristigen Wetterentwicklung, z. B. beim Wassersport oder auch beim Flugwetter. In der aktuellen Wolkenforschung spielt die Klassifikation nur noch eine untergeordnete Rolle. Zwar werden die Bezeichnungen verwendet zur Einordnung der untersuchten Wolken, der Fokus liegt jedoch auf dem Verständnis der physikalischen Prozesse auf der Ebene einzelner Wolkentröpfchen, der Wolkenentwicklung sowie der Charakterisierung von Mustern in Wolkenfeldern.